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Produktmanager Interview: Case Studies lösen in 4 simplen Schritten

Produktmanagement ist situations- und kontextbezogen

Kein Produktentwicklungs-Lebenszyklus läuft jedes Mal für jedes einzelne Produkt reibungslos und gleichförmig. Genauso ist es während Job-Interviews. Nicht immer wird die gleiche Antwort auf eine Frage die richtige sein. Die Antworten ändern sich je nachdem, wer die Fragen stellt und in welchem Kontext sie gestellt werden. Dies gilt insbesondere bei Case-Study-Fragen. Dieser Artikel setzt voraus, dass Du ein grundlegendes Verständnis der Konzepte von Product Management 101 hast.

Bevor wir zum Artikel springen, solltest Du Dir unbedingt Richards neuestes Case-Study-Videos ansehen und unseren YouTube-Kanal abonnieren, um als Erster von unseren neuesten Veröffentlichungen zu erfahren.

Wie gehst Du diese Fragen in einem Produktmanagement-Interview am besten an? 

Sehen wir uns ein Beispiel an. Nehmen wir an, dass ein E-Commerce-Möbelunternehmen ein Feature einführen möchte: kostenlose Rücksendungen. 

Wie würdest Du dies umsetzen?

Nimm Dir eine Minute Zeit, um über diese Frage nachzudenken. Was ist Dein erster Schritt?

Wenn Dein erster Schritt darin besteht, Anforderungen zu erstellen, mit Designpartnern zu sprechen und User Stories für die Entwickler zu schreiben, bist Du leider schon auf dem Holzweg.

BONUS: Wie Du FAANG-Case-Studies löst. 

Du weißt nicht, was das Akronym FAANG bedeutet?  Es steht für die 5 größten Technologieunternehmen der Welt: Facebook, Amazon, Apple, Netflix, Google. 

Unsere Mitglieder erreichen regelmäßig die zweite und dritte Interviewrunde von FAANG-Unternehmen und haben uns um Anleitung gebeten, wie sie die mehrdeutigen Fallstudienfragen lösen können, die dort oft gestellt werden. Solltest Du es noch nicht gesehen haben, schau Dir unbedingt das Beispielfallstudienvideo mit unserem Ausbilder Roman an! Hier sind die wichtigsten Learnings:

  • Beginne immer damit, Fragen zu stellen! Tauche nie sofort tief in die Fallstudie ein, da Du zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wissen kannst, welches Problem zu lösen ist.
  • Stelle Fragen, die darauf abzielen zu klären, für wen dieses Produkt bestimmt ist. Du musst herausfinden, wer der zukünftige Nutzer ist, um seine Use Cases beschreiben zu können.
  • Vergewissere Dich, dass Deine Fragen und Dein Ansatz das Problem eingrenzen. Nur so kannst Du das zu lösende Problem eindeutig bestimmen. 
  • Geh auf die Besonderheiten der Interviewfrage ein, um Randfälle zu bestimmen. In dem Video löst Roman die Frage “Wie würden Sie ein Produkt für Haustierbesitzer bauen?”. Er stellt zunächst sicher, dass er weiß, was der Interviewer mit “Haustier” meint. Betrifft der Begriff nur Katzen und Hunde, oder sollten wir auch Tiger und/oder Alligatoren in Betracht ziehen?
  • Denke daran, dass dies eine großartige Gelegenheit ist, dem Interviewer Deinen Unternehmergeist zu zeigen. Die Art und Weise, wie Du auf diese scheinbar einfache und offene Frage reagierst, beweist Dein kreatives- und doch umsetzungsstarkes Mindset. Gehe professionell und intuitiv damit um.

Schritt 1: Evaluiere den Bedarf – Warum tun wir das?

Wie ist das Unternehmen auf diese Feature-Idee gekommen? Wurde sie von Führungskräften oder Kunden vorgeschlagen? Ist es das Ziel dieser Funktion, den Umsatz zu steigern oder die Loyalität zu erhöhen? Gehen wir davon aus, dass sich die Führungskräfte bereits für diese Funktion entschieden haben? Oder handelt es sich nur um ein kleines Produkt, das wir zum Testen erhalten haben?

Im Wesentlichen musst Du die Grenzen und Einschränkungen dieser Frage herausfinden. Es kann sein, dass Du kein Experte für die Branche bist, in der Dein Interviewer tätig ist, oder Dir spezifisches Fachwissen fehlt. Um eine sachkundige Antwort zu geben, musst Du wissen, was NICHT die Antwort ist.

Schritt 2: Validiere den Bedarf – Sollten wir dies tun?

Du musst mit Vorfragen beginnen. Frage Dich selbst: Was sind meine Annahmen? Was ist bekannt und was ist unbekannt? Wo sind die Daten? Und falls es Daten gibt, sind sie aussagekräftig genug, um eine Entscheidung zu treffen?

Was sind also unsere Annahmen? Kostenlose Rücksendungen. Wissen wir, wie viele Menschen bereits versuchen, erhaltene Ware zurückzuschicken? Haben wir Daten dazu und sind die Daten richtig?

Gibt es bestimmte Arten von Produkten, von denen wir wissen, dass die Kunden sie zurückgeben? Was wissen wir nicht? Gibt es Teile der Welt, in denen die Kunden kostenlose Rücksendungen erwarten? Verfügen wir über Daten dazu? Es ist nicht zwingend, dass das Unternehmen eigene Daten zu diesem Thema erhoben hat, weil die Kunden diese Rückmeldung möglicherweise nicht geben.

Wovon gehst Du bei kostenlosen Rücksendungen aus? Erwartest Du, dass es eine Gewichtsbeschränkung geben wird? Dass dieses Feature nur für Kunden in einer bestimmten Region freigegeben wird? Dass Du ein großes Budget dafür haben wirst?

Wenn Du Dich auf die Unbekannten konzentrierst, achte besonders auf Zeit und Ressourcen. So kommst Du zur geschäftlichen Seite der Fragestellung.

Wenn Du kein Branchenexperte im E-Commerce mit Möbeln bist oder wenn Du nicht mit dem Geschäftsmodell der Firma vertraut bist, um eine nuancierte Antwort zu geben, wonach suchen diese Produktmanager dann in Deiner Antwort?

Bei Deiner Beurteilung der Frage, ob das Produkt oder die Funktion auf den Markt gebracht werden soll, werden die Produktmanager vor allem darauf achten, ob Du Kompetenz vermitteln kannst.

Schritt 3: Was sollte das Ziel dieser Funktion sein?

In diesem speziellen Fall solltest Du Dich auf Zeit und Ressourcen konzentrieren, also auf Geld. Dies bedeutet explizit Profitabilität. Was sind die Bereiche, die die Profitabilität beeinflussen könnten? 

Einige Fragen, die zu berücksichtigen sind:

  • Wie viel wird es kosten und wie berechnest Du diese Kosten?
  • Werden sich die Prioritäten in Bezug auf andere Features ändern?
  • Müssen wir uns auf andere Ressourcen konzentrieren?
  • Müssen wir uns mit zwischenstaatlichen Gesetzen zum Versand befassen? 
  • Da diese Unternehmen aus den USA kommen: Was ist mit internationalem oder zwischenstaatlichem Versand (innerhalb der USA)? Wird der Versand besteuert?

Schritt 4: Entscheidungsfindung

Dieser Tauchgang an Fragen kann so weit gehen, wie Du es für nötig hältst. Ziel ist es letztlich, die Unbekannten auf der Grundlage der Geschäftsanforderungen zu bewerten. Möglicherweise musst Du Ressourcen aufwenden und dafür die Deadline der Entwicklung verschieben. Ist die Firma damit einverstanden?

Es hängt auch davon ab, wie Du die Antworten dein “Ja” oder “Nein” kommunizierst. 

Wenn Du sagst: “Ja, ich möchte diesem Feature Priorität einräumen”, dann kenne Deine Gründe! Unter anderem könnten diese darin bestehen, dass:

  • der Manager der Strategie zugestimmt hat.
  • Du weißt, wer die Kunden sind.
  • Du Daten hast, um Deine Entscheidung zu verargumentieren.
  • Du Stakeholder-Konsens hast, es zu tun.
  • Du einen Zeitplan hast, bei dessen Umsetzung Du Dich sicher fühlst.

Wenn Du “Nein” sagst, habe Deine Gründe parat und adressiere dieselben Bereiche:

  • Nein, ich habe keine klare Strategie vom Management.
  • Nein, mein Manager möchte, dass ich dieses Feature erst validiere, bevor wir zusätzliche Ressourcen verwenden.
  • Nein, wir haben nicht genügend Entwickler oder Ressourcen dafür.
  • Nein, wir müssen den Verkaufszyklus für eine andere Funktion nutzen. Wenn wir versuchen, dies jetzt umzusetzen, werden wir den saisonalen Verkaufszyklus verlieren.

Das sind alles bewegliche Teile, die Du evaluieren und dann dem Produktmanager, der Dich interviewt, mitteilen solltest. Das Beste, was Du tun kannst, wenn Du diese Fragen stellst, ist zu versuchen, konkrete Beispiele aus Deiner persönlichen Erfahrung zu verwenden, in denen Du diese Entscheidungen auf der Grundlage dieser Faktoren selbst treffen musstest.

Zusammenfassung

Denke daran, Kompetenz zu vermitteln, indem Du deutlich machst, wie Du zu dem Schluss kommst, ob ein Feature implementiert werden sollte oder nicht. Stelle Fragen, um Einschränkungen und Grenzen für die Fallstudie zu schaffen und ihren Umfang zu kontrollieren. Sobald Du über diese Informationen verfügst, wirst Du wissen, wie Du die Fragen auf der Grundlage Deines Produktmanagementwissens am besten angehen kannst.